Nun konnte ich meine Erfahrung rund um den Tough Mudder 2016 ein wenig sacken lassen.
Insgesamt sind wir zu neunt gestartet, 3 Veteranen im dritten Jahr und 6 Neulinge. So war die Aufregung im Vorfeld natürlich, da die meisten so etwas noch nicht mitgemacht hatten. Die gehörten Geschichten variierten stark, so dass jeder eine etwas andere Idee hatte was da auf uns zukommen würde.
Als wir auf dem Gelände ankamen erwartete uns Festivalatmosphäre (zugegebenermaßen ein kleineres Festival), Zelte mit Merchandise, Fressbuden, Kraft-, Mut- und Geschicklichkeitsspiele und im Hintergund Musik und die Rufe der Einpeitscher und Teilnehmer. Die Menschen hatten hier eine Menge Spaß, ein gutes Zeichen.
Wir hatten eine sehr frühe Startzeit bekommen (und total verpasst) und waren daher eine der ersten Gruppen auf der Strecke. So war das Gelände auch noch recht übersichtlich gefüllt als wir ankamen. Zum Ende des Tages sah das schon ganz anders aus. Vor allem gab es noch niemanden, der den Kurs komplett gelaufen war. Wir sahen noch keine Schlamm verkrusteten Läufer, keine schmerzverzerrten Gesichter, keinen Jubel oder Stolz. So konnten wir uns nur mit der eigenen Fantasie ausmalen was da kommen könnte.
Den Lauf als Ganzes zu beschreiben wäre etwas zu mühsam, aber hier ein paar Eindrücke. Vorweg ist evtl. interessant zu wissen, dass mein längster Lauf bisher die etwas verlängerte Alsterrunde in Hamburg war, vielleicht 8km.
Die Tough Mudder Strecke in Norddeutschland betrug dieses Jahr 19,5km. Alleine diese Tatsache stand wie ein Berg, den es zu überwinden galt, am Horizont. Interessanterweise war die Laufstrecke kein großes Problem. Meine persönliche Achillesferse beim Laufen sind meine Knie und weniger meine Kondition. Durch den weichen, federnden Waldboden hatte ich absolut keine Knieprobleme. Laufen kann richtig Spaß machen. Jeah!
Unser Team hatte ein großes Ziel: Zusammen los, zusammen ankommen. Keiner hat Druck gemacht, niemand wollte es den anderen beweisen. Wir wollten Spaß haben, den Tag genießen und unsere Grenzen im Team ausloten. Ich habe keine Wettkämpfergesinnung, daher war dies genau der richtige Ansatz für mich.
Von den im Vorfeld bekannten Hindernissen hatte ich vor zweien besonders großen Respekt.
Da gibt es zum einen Arctic Enema, hier rutscht man über eine Rampe unter einem Holzbalken in ein Eiswasserbecken, also 4°C kaltes Wasser, muss dann durch das kleine Becken waten, unter einem weiteren Balken unter Wasser schlüpfen und dann aus dem Becken klettern. Ich verabscheue kaltes Wasser und fürchtete der Schock würde mich umbringen. Genau das Gefühl stellte sich auch ein als ich in die tödliche Kälte rutschte. Ich konnte nicht mehr Atmen. Mein Brustkorb war wie zugeschnürrt. Panik. Lebenswichtige Funktionen genommen. Das Ende? . . . Natürlich nicht und dieser erste Eindruck, wenn auch wie Sekunden gespürt, dauerte vermutlich nur den Bruchteil einer Sekunde, aber dennoch war dieser kurze Schock da. Mittlerweile danke ich für dieses Hindernis, da alle weiteren Wasserhindernisse nach diesem vollkommen egal waren. Eine Schranke im Kopf weniger.
Das andere Hindernis, dass mich im Vorfeld beschäftigte, war King of the Swingers, eine riesige Konstruktion, bei der man in etwa 4m Höhe an einen Metallbügel springt, sich nach vorne schwingt, los lässt und versucht eine entfernte Glocke zu schlagen bevor man ins Wasser einschlägt. Ich habe Höhenangst, keine unüberwindbare Höhenangst, aber trotzdem ist dies mein größtes Hindernis im Umgang mit der Welt. Um es kurz zu machen, das Hindernis ist der Knaller! Die Prise Angst hat es um so besser gemacht und man möchte im Anschluss "Nochmal" schreien. Hier hatten wir definitiv Glück so früh auf der Strecke gewesen zu sein. Wir mussten nur kurz warten, später gab es wohl über eine Stunde Wartezeit. Da muss nachgebessert werden.
Bei über 20 Hindernissen könnte ich noch viel erzählen, aber das würde hier zu weit führen. Unser Team ist prima durchgekommen und ich bin stolz alle Hindernisse gemeistert zu haben. Die Gemeinschaft der Läufer war hilfsbereit, gut gelaunt und entspannt. So macht es Spaß den inneren Schweinehund zu überwinden.
Kommen wir nun zu der großen Frage: Warum mache ich sowas?
Ehrlich gesagt habe ich immer noch keine eindeutige Antwort auf diese Frage. Selbst unsere Veteranen im dritten Jahr haben sich diese Frage gestellt. Ich kann allerdings sagen was mir der Lauf gebracht hat. Ich habe Respekt vor mir selbst und meinen Begleitern gefunden, habe die ursprüngliche Freude sich der Natur zu stellen gespürt und habe etwas über mich selbst gelernt.
Ich denke ich werde diese Dummheit wieder tun!